Tu, was Du liebst. Und liebe, was Du tust. Dieser Satz kam mir neulich in den Sinn, als ich drauf und dran war, ein Bild „tot“ zu malen.
Gut, es mag eine Binsenweisheit sein. Aber es sind oft die einfachen Prinzipien, die im Alltag vergessen werden. Dass uns die Dinge leichter von der Hand gehen, die wir lieben, ist logisch. Und wie funktioniert der Umkehrschluss? Kann ich einfach alles lieben, was ich sowieso tu und auch tun muss?
Hobbys sind Arbeiten, die wir lieben – oder?
Ich male zum Beispiel sehr gerne. Es ist eins meiner Hobbys, also etwas, was ich nicht tun muss, sondern liebe.
Kürzlich nahm ich mir vor, ein paar Bilder für mein Büro zu malen. Ich hatte eine genaue Vorstellung davon, wie die Bilder aussehen und wirken sollten – mit viel Grün und Weiß, einfach und klar. Dabei war mir bewusst, dass sich gerade das Einfache gar nicht so einfach malen lässt. Ich griff zum Pinsel, zu Acrylfarben und begann mit sehr viel Lust, die Leinwand zu bepinseln. Und es gelang. Kurze Zeit später hatte ich ein Bild, in etwa so, wie ich es wollte. Es hängt bereits im Büro.
Nun machte ich mich an ein weiteres Bild. Und dabei hatte ich Schwierigkeiten. Ich malte und malte, mischte mehr Farben hinzu, auch etwas Rot und Blau. Die Einfachheit war verschwunden. Unzufriedenheit machte sich breit.
Ich griff zu einem kleinen Spachtel und erzielte damit eine interessante Struktur. Aber irgendwie wirkte das Bild nicht so, wie ich es für mein Büro haben wollte. Ich begann mit mir zu hadern. „Hast mal wieder nicht rechtzeitig aufgehört, wie willst du diese Leinwand jetzt noch retten.“
Zudem hatte ich kürzlich ein Zitat von einem Maler gehört, „man könne ein Bild auch totmalen“.
Ich griff nach Wachsstiften. Damit hatte ich bereits in einigen Bildern interessante Akzente setzen können. Ich verteilte auch diesmal kleinere Akzente über die Malfläche. Dann endlich ließ ich das Bild ein paar Tage in Ruhe.
Sich lösen vom Prozess
Aber ich war nicht zufrieden. Ich begann schließlich, alles zu übermalen, ohne Respekt für das, was ich bisher gemalt hatte. Dann wischte ich viel von der Farbe einfach wieder weg und ließ die Leinwand in der Sonne trocknen. Ich mochte das Bild nicht mehr. Missmutig spachtelte ich erneut Farbe drüber, diesmal Gelb.
Irgendwann ergab ich mich – mehr oder weniger – schon bevor die Farben trockneten. Ich erkannte, dass ich nicht mit Liebe bei der Sache war. Zuletzt ritzte ich mit dem Spachtel in die noch feuchte Farbe die Zeilen „love what you do – do what you love“ in das Gelb. Ich schrieb es in einem fort über die ganze Leinwand und lächelte.
Das Bild sieht nicht so aus wie geplant. Dennoch mag ich es jetzt. Es hat Struktur. Und ich weiß, was alles drin steckt.
Soll ich es nun ins Büro hängen?. Für mich ist es ein mahnendes Bild. Das erste Bürobild ging mir leicht von der Hand, dieses sollte daran anknüpfen, aber mit Druck ging plötzlich gar nichts mehr.
Mein Bild erinnert mich nun daran, dass ich mit Liebe und Gelassenheit am besten arbeite. Wenn ich ohne Liebe an einem Bild arbeite, werde ich nie zufrieden sein mit meiner Arbeit. Dann wird es immer ein Kampf sein, Farbschicht um Farbschicht.
Wertschätzung für mich und mein Tun
Love what you do – führt zu einer neuen Einstellung. Wer selbst wertschätzt, was er tut, gibt sich auch selbst Wertschätzung und Liebe – mit jeder Aktion. Vielleicht fängt es damit an, wie ich meine Tätigkeiten bezeichne: Lieblingsbeschäftigung, Hobby, Freizeit, Arbeit, Pflicht, Muss, Schinderei, Last. Vielleicht läuft es darauf hinaus: Ist es für mich Muße oder Müssen?
Und wie sehe ich mich, inmitten meines Tuns? Wenn ich mich als „meines Glückes Schmied“ sehe, dann achte und liebe ich auch das, was ich tue. Anders hingegen, wenn der Gedanke überwiegt, immer nur Pflichten zu erfüllen, die mir von anderen auferlegt werden.
Mein Bild in seinem sonnigen Gelb und die eingeritzten Worten erinnern mich daran, mit Liebe an eine Sache heranzugehen, auch wenn diese Arbeit zu scheitern droht. Ich hänge es mir vielleicht doch ins Büro.
Ein sehr schöner Artikel, der mich mal wieder motiviert mich mit neuem Elan an meine Aufgaben zu setzen, die mir in letzter Zeit eher als Pflicht erschienen, ich mich aber froh schätzen kann diese machen zu können und dürfen.
Weiter so!
Da ich selbst male, weiß ich, wie du dich gefühlt hast. Mir geht es manchmal auch so …
Vielen Dank. Kürzlich sah ich „Gerhard Richter Painting“ auf Arte – da siehst du einen großen Künstler am Werk, Schicht um Schicht auftragen, Rakel ansetzen, Farbe um Farbe, immer neue Farbwelten. Und es klang für mich so, als ob er sich vom Bild und vom Moment leiten lasse, von dem, was gerade auf der Leinwand passiert. Das fertige Werk ist das Ergebnis eines Prozesses – und mir schien, das Wichtigste ist für den Maler wirklich der Prozess.